Durchsuchungsanordnung bei Geldwäscheverdacht
Doppelter Anfangsverdacht erforderlich
Eine Durchsuchungsanordnung bei Geldwäscheverdacht ist ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen. Das Landgericht Saarbrücken (Beschluss vom 18.7.2024, 13 Qs 19/24) stellte klar: Für eine solche Maßnahme muss ein doppelter Anfangsverdacht vorliegen – sowohl hinsichtlich der Geldwäschehandlung als auch in Bezug auf die Vortat.
Entscheidung des LG Saarbrücken zur Wohnungsdurchsuchung wegen Geldwäsche
Das Gericht hob die Hausdurchsuchung bei Geldwäsche auf, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nach §§ 102, 105 StPO nicht erfüllt waren.
Sachverhalt
Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken führte ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche.
Am 24. August 2022 meldete eine Bank auffällige Vorgänge. Mehrere Gutschriften in Höhe von insgesamt 92.000 EUR wurden auf ein Konto des Beschuldigten überwiesen und umgehend an Kryptowährungsdienstleister weitergeleitet.
Da der Beschuldigte die Herkunft der Gelder nicht erklären konnte, gingen die Ermittlungsbehörden von einem Geldwäscheverdacht aus. Die Überwachung der Telekommunikation brachte keine Ergebnisse. Dennoch erließ das Amtsgericht Saarbrücken zwei Durchsuchungsbeschlüsse, die im Februar 2024 vollzogen wurden.
Der Beschuldigte händigte freiwillig sein Mobiltelefon aus. Gegen den Beschluss legte er über seinen Verteidiger Beschwerde ein.
Rechtliche Würdigung: Voraussetzungen einer Hausdurchsuchung bei Geldwäsche
Grundrechtsschutz durch Art. 13 GG
Eine Wohnungsdurchsuchung wegen Geldwäsche greift schwerwiegend in die Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG ein. Sie ist nur gerechtfertigt, wenn ein Anfangsverdacht auf konkreten Tatsachen beruht. Vage Anhaltspunkte oder bloße Vermutungen genügen nicht.
Doppelter Anfangsverdacht
Das LG Saarbrücken betonte: Auch bei einer Durchsuchungsanordnung bei Geldwäscheverdacht muss ein doppelter Anfangsverdacht vorliegen – sowohl hinsichtlich der Geldwäschehandlung als auch hinsichtlich einer konkreten Vortat.
Erst die Vortat verleiht einer neutralen Handlung wie einer Geldzahlung strafrechtliche Relevanz. Bloße Vermutungen oder ein fehlendes legales Einkommen reichen nicht aus.
Neue Rechtslage seit 2021
Mit der Neufassung des § 261 StGB („all-crimes“-Modell) entfällt der Katalogtatbestand. Dennoch bleibt es dabei: Eine Durchsuchungsanordnung bei Geldwäscheverdacht darf nicht auf bloße Vermutungen gestützt werden.
Die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit ist nur möglich, wenn die Vortat in ihren wesentlichen Konturen erkennbar ist. Andernfalls droht eine unzulässige Ausforschung.
Meldungen nach dem Geldwäschegesetz
Meldungen nach § 43 GwG können einen Anfangsverdacht nicht ersetzen. Banken müssen bereits dann melden, wenn Anhaltspunkte für eine mögliche Vortat bestehen. Dies ist jedoch nur eine kursorische Prüfung.
Eine Durchsuchung darf nicht dazu dienen, erst die Tatsachen zu ermitteln, die den Verdacht begründen sollen.
Ergebnis
Mangels konkreter Anhaltspunkte für eine Vortat fehlte es am doppelten Anfangsverdacht. Die Durchsuchungsanordnung bei Geldwäscheverdacht war daher rechtswidrig.
Bedeutung für die Praxis: Grenzen von Zwangsmaßnahmen im Geldwäscheverfahren
Die Entscheidung verdeutlicht, dass auch nach der Reform des § 261 StGB im Jahr 2021 der Grundsatz des doppelten Anfangsverdachts fortbesteht.
Für die Praxis bedeutet dies:
- Ermittlungsrichter und Staatsanwaltschaften müssen in Beschlüssen konkrete Tatsachen für eine Vortat benennen. Pauschale Hinweise auf verdächtige Kontobewegungen reichen nicht.
- Strafverteidiger erhalten ein wirksames Argument, um Durchsuchungen und Beschlagnahmen anzugreifen, die lediglich auf GwG-Meldungen oder Vermutungen beruhen.
- Beweiserleichterungen durch das all-crimes-Modell gibt es nicht. Es bleibt bei den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
- Betroffene sind vor uferloser Ausforschung geschützt, da Durchsuchungen ohne konkreten Vortatverdacht unzulässig sind.
Damit setzt die Entscheidung ein klares Signal: Durchsuchungsanordnungen bei Geldwäscheverdacht haben nur Bestand, wenn sowohl die Geldwäschehandlung als auch eine konkrete Vortat durch Tatsachen belegt sind.
