KCanG und BtMG – Gehilfenvorsatz bei Fehlvorstellung
BGH Beschluss vom 29.10.2024 – 1 StR 382/24
Sachverhalt
Nach den Feststellungen des Landgerichts Heilbronn führte ein anderweitig Verfolgter Methamphetamin von den Niederlanden nach Deutschland ein. Er versteckt die Betäubungsmittel in einer Hydraulikpresse. Er wollte die Betäubungsmittel aus der Maschine ausbauen und in den Osten zum gewinnbringenden Weiterverkauf transportieren.
Auf Bitte des Mitangeklagten sorgte der Angeklagte dafür, dass die Hydraulikpresse auf dem Gelände seines Arbeitgebers abgestellt werden konnte. Er empfing dort den Transporteur und überwachte die Abladung der Maschine. Bei dem Vorgang wurde er festgenommen. Der Angeklagte nahm billigend in Kauf, dass sich in der Hydraulikpresse bis zu 50 kg Marihuanablüten befänden. Ihm war bewusst, ein illegales Geschäft des Mitangeklagten zu unterstützen.
Das Landgericht Heilbronn hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten wurde das Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis verurteilt wurde.
Begründung
Der Angeklagte förderte den Handel von Methamphetamin. Nach seinem Vorstellungsbild unterstützte er aber ein Handeltreiben des Mitangeklagten mit Marihuanablüten. Er hat sich deshalb nach neuer Rechtslage wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG, § 27 StGB strafbar gemacht.
Zwischen den Straftatbeständen des Konsumcannabisgesetzes und denen des Betäubungsmittelgesetzes besteht eine tatbestandliche Verwandtschaft. Eine Fehlvorstellung des Gehilfen über die Substanz führt nicht zum Entfallen des Gehilfenvorsatzes.
Stellt sich der Gehilfe irrig vor, der Haupttäter handle mit Cannabis anstelle von vom Betäubungsmittelgesetz erfassten Substanzen, kann er sich wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis strafbar machen.
Eine Strafbarkeit wegen Beihilfe gemäß § 27 StGB setzt auf subjektiver Seite einen sogenannten „doppelten Gehilfenvorsatz“ voraus. Dieser muss die Unterstützungshandlung umfassen und sich auf die Vollendung einer vorsätzlich begangenen Haupttat richten. Dabei genügt es, dass der Gehilfe die wesentlichen Merkmale der Haupttat erkennt. Der Gehilfen muss nicht eine bestimmte Tat anstreben. Er erbringt vielmehr einen losgelösten Beitrag, von dem er lediglich erkennen und billigend in Kauf nehmen muss, dass dieser Beitrag sich als unterstützender Bestandteil in einer Straftat manifestieren wird. Daraus erschließt sich, dass auch eine andere rechtliche Einordnung der Tat durch den Gehilfen dessen Vorsatz unberührt lässt, solange er sich nicht eine grundsätzlich andere Tat vorstellt. Zwischen vorgestellter und tatsächlich begangener Tat muss mithin eine tatbestandliche Verwandtschaft bestehen.
Der Angeklagte hat sich nach neuem Recht entsprechend seinem Vorstellungsbild wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG, § 27 StGB strafbar gemacht.
Die Anwendung neuen Rechts lässt nach einem Gesamtvergleich auch das für den Angeklagten günstigere Ergebnis zu. Das Landgericht hat seiner Bemessung der Strafe den Strafrahmen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, §§ 27, 49 Abs. 1 StGB (drei Monate bis elf Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe) zugrunde gelegt. Da schon der Strafrahmen des § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG milder ist als der durch die Strafkammer herangezogene, kommt es nicht mehr darauf an, ob das Landgerichts – gegebenenfalls unter Heranziehung des vertypten Strafmilderungsgrunds des § 27 StGB – von der Regelwirkung des § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG abgesehen hätte. Angesichts dessen, dass die vorgestellte Handelsmenge an Marihuana nach den Feststellungen die nicht geringe Menge von Cannabis um das 600-fache überschritt, läge dies im Übrigen auch nicht nahe.