Rücktritt vom versuchten Totschlag
In Anlehnung an die Entscheidung des BGH, Beschluss vom 29. März 2023 – 2 StR 147/21 – Rücktritt vom versuchten Totschlag, konnte ich selber einen Erfolg vor dem Landgericht Kassel – Schwurgericht – , Urteil vom 2. August 2024, 10 Ks 6630 Js 44795/23 einen Freispruch erreichen, ebenfalls Rücktritt vom versuchten Totschlag.


Nachstehend gebe ich die Begründung des LG Kassel wieder:
Versuchter Totschlag und strafbefreiender Rücktritt gemäß § 24 StGB
Selbst wenn der Angriff mit dem Messer mit Tötungsvorsatz ausgeführt wurde, ist hier von einem strafbefreienden Rücktritt gemäß § 24 Abs. 1 StGB auszugehen. Der Angeklagte ließ nämlich von dem Zeugen K freiwillig ab und begab sich unter Mitnahme des Klappmessers zurück in sein Zimmer.
Mit dem Wegdrücken des Angeklagten durch den Zeugen K lag ein unbeendeter Versuch vor, der aus Sicht des Angeklagten auch noch nicht fehlgeschlagen war. Denn der Angeklagte hätte auch seiner Vorstellung noch die Möglichkeit gehabt, den Zeugen K mit dem ihm zur Verfügung stehenden Klappmesser ohne zeitliche Verzögerung zu verletzen und auch zu töten. Mit dem Ablassen und der Rückkehr in das eigene Zimmer unter Mitnahme des Messers ist der Angeklagte daher freiwillig zurückgetreten.
Das in der Anklage beschriebene Geschehen, wonach der Angeklagte sich erneut mit einem Messer bewaffnete, um den Zeugen K nun zu töten, lässt sich aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht feststellen. Die Angaben des Zeugen K hierzu in seinen polizeilichen Vernehmungen und in der Hauptverhandlung sind im entscheidenden Punkt zu widersprüchlich, als dass auf diese eine Verurteilung gestützt werden könnte.
…
In der Hauptverhandlung gab er schließlich an, er habe dem Angeklagten gesagt, dass er die Polizei gerufen habe. Daraufhin sei der Angeklagte sauer geworden und habe gesagt: „Es muss sich jetzt auch lohnen“. Er habe dann zwar gesehen, dass der Angeklagte in die Küche gegangen sei, er wisse aber nicht, was er dort gemacht habe, insbesondere nicht, ob er ein Küchenmesser genommen habe. Er habe auch nichts dergleichen gehört, sondern sei aus der Wohnung gelaufen und habe die Tür abgeschlossen.
Somit stellt sich die Schilderung des Zeugen bezüglich der erneuten Bewaffnung als bloße Vermutung dar. Es lässt sich darauf aber nicht die Feststellung stützen, dass der Angeklagte den Vorsatz gefasst hatte, den Zeugen zu töten und zur Umsetzung dieses Tatentschlusses zur Tatausführung unmittelbar angesetzt hatte. Es gibt auch keine sonstigen objektiven Belege für eine entsprechende Annahme. Insbesondere wurde kein Messer aufgefunden, das als Tatwerkzeug in Betracht kommen könnte.